Israelische Satiren für ein westdeutsches Publikum
Ephraim Kishon, Friedrich Torberg und die Konstruktionen „jüdischen Humors“ nach der Schoah- Autor: Körner, Birgit M.
- Erscheinungsjahr: 2023
- Seiten: 210
- Bindung: gb
- Ergänzung: 5 Abb.
Der aus Ungarn stammende israelische Satiriker Ephraim Kishon gilt als ‚Versöhnungsfigur‘ zwischen Deutschen und Jüdinnen und Juden im bundesdeutschen Nachkriegsdiskurs. Seine „israelischen Satiren“ erfreuten sich in der freien Übertragung durch Friedrich Torberg vor allem in den 1960er bis 1990er Jahren enormer Beliebtheit. Dabei wurde zunächst verdrängt, dass Kishon selbst Überlebender der Schoah war und seinen Humor als Überlebensstrategie entwickelt hatte. Er selbst stand seiner Rolle als ‚Versöhnungsfigur‘ durchaus ambivalent gegenüber.
Die Bedeutung der Schoah für Kishons Schreiben wurde bisher nur unzureichend berücksichtigt. Birgit M. Körner beleuchtet das Phänomen von Kishons Erfolg in der Bundesrepublik nun von drei Seiten: von der Seite des Autors und Schoah-Überlebenden Kishon, von der Seite des Mitschöpfers und Übersetzers Friedrich Torberg und von der Seite der Rezeption durch ein postnationalsozialistisches deutschsprachiges Publikum.
Nach einer Rekonstruktion von Kishons Verfolgungs- und Überlebenserfahrung anhand bisher unbekannter Akten vergleicht die Autorin deren literarische Darstellung in Kishons Autobiografie Nichts zu lachen mit den Berichten anderer Inhaftierter. So macht sie Literarisierungs- und Humorstrategien sichtbar und zeigt anschließend Spuren von Kishons Überlebenserfahrung in seinen Texten auf. Deutlich wird dabei die Tendenz des Übersetzers Torberg, das deutschsprachige Publikum zu schonen und explizite Stellen zu streichen, um eine positive Haltung zu Israel zu fördern. Kishon und Torberg konstruieren einen „israelischen Humor“, der maßgeblich auf den europäischen jüdischen Humortraditionen – dem ostjüdischen Witz und der jüdischen Tradition des literarischen Sarkasmus – sowie auf Kishons Schoah-Überleben basiert. Anhand von Fan-Briefen rekonstruiert Körner abschließend auch, wie Kishon von seinen deutschsprachigen Leser*innen mit philosemitischen bis hin zu offen antisemitischen Haltungen konfrontiert wurde.
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